In der Adventszeit hören wir die Frage, die vielen bekannten Menschen gestellt wird: „Was erinnere ich, wenn ich Weihnachten höre?“ Die Antworten enttäuschen mich oft. Aber ich habe angefangen, mich selbst zu fragen: „Was erinnere ich, wenn ich an Weihnachten denke?“ In meinem Leben gab es eine bestimmte Entwicklung im Verständnis von Weihnachten.
Als Kind nahm ich die Feiertage als etwas Schönes wahr. Schon der Advent selbst, in dem ich jeden Morgen von Montag bis Samstag um sechs Uhr mit Freunden zu den Roraten ging, um Gott zu begegnen. Die Morgenmesse, die Atmosphäre, die Laterne mit christlichen Motiven, das Dämmerlicht in der Kirche, die Altäre, Statuen und Fenster sahen irgendwie anders aus. All das nahm ich als Kind wahr, dass es anders ist als mein gewöhnliches Leben. Das Heiligabendessen, bei dem wir uns in der Familie gegenseitig Wünsche aussprachen. Die Mitternachtsmesse und dann das Staunen, wie mein Vater gleich nach der Rückkehr von der Mitternachtsmesse den letzten Stück Fisch, das nach dem Abendessen übrig blieb, aufaßt. Am ersten und zweiten Feiertag waren Familienbesuche bei der einen und anderen Großmutter. Ich muss anmerken, dass auch die Großväter dort waren, aber es sagt sich hier bei uns immer: „Wir gehen zur Großmutter.“ Dort feierte die ganze große Familie gemeinsam. Ich nahm es immer als selbstverständlich hin, dass Gott, der uns geschaffen hat, selbst zu uns durch die Familie kommt, und so feiern auch wir in den Familien.
Die Zeit der Mittelschule brachte mich näher zum Altar und zu Gott. In dieser Zeit muss man sich mit Hilfe des Verstandes für die Existenz Gottes entscheiden. Um Mitternacht am 24. Dezember war es eine Ehre, als Ministrant exakt um Mitternacht zwölfmal in die Gong zu schlagen und sofort begann das erste Weihnachtslied (im Advent gab es damals keine Weihnachtslieder) und die Messe. Immer das erste Weihnachtslied zur Mitternachtsmesse war „Bóg się rodzi, moc truchleje“ (Gott wird geboren, die Macht zittert). Man wusste, dass man mit Gott, der kommt, vollkommen frei ist. Und es war eine Zeit der Totalität und Verfolgung der Kirche. Als die Worte des Weihnachtsliedes „moc se chvěje“ gesungen wurden, war allen klar, um wen es geht. Ich gebe nur einen Hinweis, dass es sich nicht um Herodes und die Römer handelte. In der Kirche schöpfte man Freiheit, Mut und fühlte, dass man hier die größte Kraft und den Segen für das weitere Leben erhält.
Ich erinnere mich auch an die Worte meines Freundes, Pater Rudolf, der immer vor dem 25. März wiederholte, dass wer sich nicht an die Verkündigung des Herrn erinnert, der kann Weihnachten nicht feiern. So ist es.
Im Erwachsenenleben werde ich mir all dies nur rückblickend bewusst und versichere mich im Glauben an die große Liebe Gottes zu jedem von uns. Weihnachten als das Fest der Geburt des Sohn Gottes zeigt die unermessliche Liebe Gottes und wie er selbst uns nah sein möchte. Und wenn mich etwas enttäuscht, sei es ein Individuum, eine Gruppe, Wahlen oder ähnliches, dann sage ich mir: „Nur in dir, Gott, ist das Licht, und in dir ist keine Dunkelheit!“
Möge der gute Gott allen Menschen guten Willens segnen!
P. Ondřej Urbisz
Foto: Robert Beníček
Veröffentlicht im Dezember-Farnblatt Farní list prosinec 2024 (3.58 MB)